Leon Emanuel Blanck AW24 Kollektion Memento Mori
Nach erfolgreichen Schlachten im antiken Rom setzte sich ein einzigartiger Brauch durch, als heimkehrende Generäle bei ihrer Ankunft im Kolosseum gefeiert wurden: Die Menge - oft Sklaven - rief wiederholt "Memento Mori". Dieser Brauch, der übersetzt so viel wie "Denkt daran, dass ihr sterben müsst" bedeutet, sollte die Generäle daran erinnern, dass sie in Wirklichkeit sterblich und keine Götter waren.
Jahrhunderte nach dem Untergang des Römischen Reiches wandelte sich dieser Brauch und entwickelte sich zu einem weit verbreiteten Totenkult in ganz Europa. Der Kult, der als eine Form des Gedenkens an die Toten angesehen wurde, entwickelte und erweiterte sich im Laufe der Zeit. In einer Zeit vor der Fotografie wurden Überreste der Verstorbenen - Haare, ein Fingernagel, Zähne oder Knochenstücke - als Erinnerung aufbewahrt.
Besonders in den südlichen Regionen Italiens war diese Praxis bis ins späte 21. Die konservierten Überreste wurden auf raffinierte Weise zur Herstellung von Kunstwerken und Schmuck zu Ehren der Verstorbenen verwendet. Aus Haaren wurden beispielsweise Fibeln hergestellt, während Zähne zu Ringen geformt wurden. Darüber hinaus wurde aus den Haaren der Verstorbenen eine als "Lebensbaum" bekannte Kreation angefertigt. Er wurde an den Wänden als eine Form des künstlerischen Ausdrucks und des Gedenkens angebracht.
Für die Herbst/Winter-Kollektion 2024 von Leon Emanuel Blanck, die den Titel "Memento Mori" trägt, hat die Marke diese Tradition untersucht und auf ihre eigene Realität übertragen. Aber wessen Erinnerungen werden hier geehrt? In ihrem Fall begannen sie mit einem Material, das sie ausgiebig verwenden - Pferdeleder. Leon bat um einen Pferdeschädel von einem Schlachthof, der das Leder lieferte, und erhielt ihn. Er setzte die Teile sorgfältig zusammen und goss sie in 40 Liter Epoxidharz ein. Ein Kunstwerk zu Ehren und zur Erinnerung an die Vergangenheit und damit auch zur Schaffung einer neuen Existenz.
Diese Skulptur wurde zum Eckpfeiler der gesamten Kollektion. Knochentöne in Kreideweiß, vergilbten Brauntönen und verbranntem Schwarz, die für Verfall und Alterung stehen, finden sich in den Farben der Kleidungsstücke, Schuhe und Accessoires wieder. Aus Guidi-Pferdeleder wurde eine größengetreue Tasche mit Pferdekopf gefertigt. Als Hommage an "verstorbene" Teile vergangener Kollektionen wurden frühere, nicht mehr verwendete Muster auf neue Derivate gemalt, wodurch ein Gefühl der fernen Erinnerung entsteht, nicht ganz originalgetreu - so wie man sich eben erinnert.
Jacken und Mäntel wurden in mühevoller Kleinarbeit aus Pferdehaarschwänzen genäht, eine Weltneuheit. Die Zähne verstorbener Pferde, gepaart mit 925er Sterlingsilber, fanden als Ringe ein neues Leben. Sogar geschorene Schafswolle spielte eine Rolle, die als Isolierung in den Puffermänteln wiederverwendet wurde. Diese Kollektion ist eine einzigartige Mischung aus Kunstfertigkeit, Innovation und einer rührenden Anspielung auf die Erinnerungen, die wir mit uns tragen.
Photography: Victor Sajenko
Styling + Assisting: Callum Edmonds, Giuliana Mamone