
Über Walter Van Beirendonck
Walter Van Beirendonck war schon immer die lauteste Stimme im Raum, aber gleichzeitig auch eine der nachdenklichsten. Seit den 1980er Jahren entwirft er Kleidung, die mehr kann, als nur den Körper zu bedecken. Sie schreit, sie protestiert, sie spielt. Er gehörte zu den Antwerp Six, jener legendären Gruppe belgischer Designer, zu der auch Dries Van Noten, Ann Demeulemeester, Dirk Bikkembergs, Dirk Van Saene und Marina Yee gehörten, aber sein Weg war immer ein wenig anders. Während andere ein Gleichgewicht zwischen Kommerz und Kreativität fanden, setzte Walter ganz auf Spektakuläres.
Er wurde 1957 in Brecht geboren und studierte an der Königlichen Akademie der Schönen Künste in Antwerpen. Die Akademie prägte ihn, aber auch Comics, Underground-Musik, Performance-Kunst und das Nachtleben der späten Siebzigerjahre. Von Anfang an wirkten seine Shows eher wie Theateraufführungen als wie Modenschauen. Die Models sahen aus wie Figuren, die Kleider trugen Slogans, der Laufsteg wurde zu einer Bühne für Spaß und Kritik.
1986 schloss er sich den anderen Designern der Antwerp Six in London für die British Designer Show an. Sie fuhren mit einem Lastwagen voller Kleidung in die Stadt und schockierten eine Branche, die noch tief in der Ära des glamourösen Power-Dressings steckte. Walters Kollektion stach selbst in dieser rebellischen Gruppe hervor. Übergroße Formen, Gummidetails und wilde Grafiken zogen die Menschen in ihren Bann und ließen sie staunen. Es war nicht nur Mode. Es war ein mutiges Statement.
Im Laufe der Jahre hat Walter Van Beirendonck diese Energie immer weiter vorangetrieben. Seine Arbeit befasste sich mit Themen wie AIDS, Rassismus, Klimawandel, Krieg und Geschlechtsidentität. Die Botschaften waren oft unverblümt, auf T-Shirts gedruckt oder auf Mäntel gemalt, aber die Umsetzung war fröhlich, farbenfroh und übertrieben. Latex, Neonstrick, Stammesmotive, Science-Fiction-Masken, sogar Zeichentrickfiguren – all das floss in seine Vision ein. Er hatte nie Angst davor, zu übertreiben. Und hinter all dem stand handwerkliches Können: präzise Schnitte, komplexe Strickwaren und Textilien, die viel Geschick erforderten.
Seine Karriere erstreckte sich über sein eigenes Label hinaus. In den Neunzigern arbeitete er für Scapa Sports, lancierte die Kultlinie W.&L.T. (Wild and Lethal Trash) und entwarf sogar die Kostüme für die PopMart-Tournee von U2 im Jahr 1997. Diese Outfits brachten seine spielerische Politik dem Stadionpublikum näher und stellten eine echte Kollision von Popmusik und Avantgarde-Mode dar. Auch Museen zeigten Interesse, und viele seiner Stücke sind heute als kulturelle Artefakte zu sehen, die nicht als Kleidung, sondern als Kunstwerke ausgestellt werden.
Auch mit dem Unterrichten hat er nie aufgehört. Als Leiter der Modeabteilung an der Royal Academy hat Walter Generation um Generation junger Designer ausgebildet. Sein Klassenzimmer ist ebenso berühmt wie sein Laufsteg, ein Ort, an dem er darauf besteht, dass die Studenten ihre eigene Stimme finden, anstatt andere zu imitieren. Das ist vielleicht sein größter Beitrag: nicht nur die Kleidung, die er entwirft, sondern auch der Raum, den er für andere schafft, um Risiken einzugehen.
Um Walter Van Beirendonck zu verstehen, muss man Mode als Werkzeug betrachten. Es geht nicht nur um Stoff und Schnitt, nicht nur um Silhouette oder Trend. Es geht um eine Botschaft. Es geht um Protest. Es geht um Spaß. Nur wenige Designer können Latex-Bodysuits, Cartoon-Strickwaren, Stammesmasken und makellose Schneiderkunst ohne Umschweife miteinander kombinieren, aber Walter tut es, und er lässt es ganz selbstverständlich erscheinen. Seine Arbeit ist voller Widersprüche, und genau das macht sie so bedeutend.
Auch heute noch arbeitet er mit derselben Energie. Seine Stimme innerhalb der Antwerp Six ist nach wie vor unverwechselbar, lauter, klarer, kompromissloser und gleichzeitig tief in den Traditionen des Handwerks verwurzelt. Für Sammler und Bewunderer sind seine Stücke nicht nur Kleidungsstücke. Sie sind in Stoff eingenähte Philosophien, die daran erinnern, dass Fantasie, Protest und Freude in einem Outfit vereint sein können.